Eintauchen in eine andere Welt - Theater Astoria in Winterswijk dreht die Zeit um 100 Jahre zurück
WINTERSWIJK - Besuchersessel
auf der Empore
aus der Frankfurter Oper,
das antike Porzellan mit
kunstvollen Verzierungen,
das Telefon aus der Gründerzeit.
Gediegene Gemütlichkeit,
wie einst 1920: Das
Theater Astoria in Winterswijk
hat die Zeit einfach um
100 Jahre zurückgedreht.
Der Stil: Art-Deco. Kunstvoll
umgesetzt. Gemütlichkeit, Gastlichkeit,
gastronomisches Geschick.
Marianne und
Eddy de Vries haben
nach langer Corona-Zwangspause
ihr Theater wiedereröffnet.
Es kann für ein paar
Euro besichtigt oder für Feiern
komplett gemietet werden.
Und am Wochenende
komplettieren Tochter Darnell und Sohn Danté den Familienbetrieb de
Vries.
Mit Charme und Charakter
Das monumentale Gebäude
am Ortseingang von Winterwijk
am Wooldseweg 5
hat Charme und Charakter.
Und Eigentümer, die mit
Herzblut in dem Komplex
(mit angrenzender Wohnung)
leben. Und alles hat
seinen Preis: Die de Vries
steckten rund eine halbe
Million Euro in die Renovierung
vor mehr als 20 Jahren. „Eigentlich hätte das Haus
denkmalgeschützt sein müssen“,
sagt Eddy. War es aber
nicht. Keine öffentlichen Zuschüsse:
Muskelhypotheken
machten‘s möglich. Und: Engagement
und Empathie.
Die Winterswijker ließen
der wechselvollen 95-jährigen
Geschichte des eleganten
Bauwerks eine weitere
folgen: ein modernes Sporttheater
in alter Hülle, gleichwohl
kein Fitness-Tempel. Als Eddy sich vor sechs
Jahren selber nicht mehr fit
genug fühlte, ließen die beiden
das altehrwürdige Theater
aufleben. Marianne:
„Die
Art-Deco-Handschrift des
früheren Architekten Van
der Schaaf kommt wieder
klar zum Ausdruck.“
Und Eddy beschreibt die „Elemente dieser Stilrichtung“,
nachlesbar auch auf
der Astoria-Internetseite:
„Gerade Linien, prächtige
Bleiglasfenster, Holzvertäfelungen,
gewagte geometrische
Muster, lebendige Farbpaletten.“
Dazu reiste er
durch halb Europa, um die
Kunstsammlung nach Art-Deco und Art-Noveau zu vervollständigen
– mit einem
Ofen aus Kaiser Wilhelms
Zeiten, einem prächtigen
Kronleuchter aus Belgien, einem
wuchtigen Safe aus Erfurt
und Sesseln aus der Jugendstilzeit.
Marianne und
Eddy haben sich einen
Traum erfüllt:
„Das ist ein
Gefühl wie früher –eintauchen
in eine andere Welt, sie
erleben und genießen.“
Das machen an diesem Besuchstag
auch mehr als ein
Dutzend Gäste, wie Gerrie
Reuling und Helma Meerdink
aus Winterswijk. Gerrie
hielt sich hier früher fit:
„Kaum zu glauben, was daraus
geworden ist. Einfach
fantastisch.“
Dabei genießen
sie vom weiträumigen „Balkon“
in der ersten Etage den
Blick auf den Saal. Und an
der Wand thront die hochverehrte
Sängerin Marlene
Dietrich, mit lockigem Haar
und überlebensgroß.
In Coronazeiten dürfen
nur gut 50 Besucher hinein, Platz ist sonst für gut 250.
Die darf es vorerst nicht geben,
vermutlich bis Dezember.
Am 30. August wird
gleichwohl ein Neustart probiert.
An dem Sonntagnachmittag
spielt ab 15 Uhr The
Spirit of St. Louis unter der
Leitung von Hein Buying:
echter amerikanischer Jazz.
Die de Vries holen die
zwanziger Jahre zurück in
ihr Theater Astoria: „Mit originellen
Arrangements erinnert
das Orchester an die typische
damalige Atmosphäre.“
Getanzt werden darf
auch.
Das Theater Astoria
ist nach langer
Coronapause erst seit
Kurzem wieder geöffnet:
dienstags bis samstags,
jeweils 12 bis 17 Uhr.
Der Eintritt kostet zwei
Euro. Die Familie de
Vries bietet auch drei
Arrangements für Gruppen
ab zehn Personen
an, unter anderem mit
Mittag- oder Abendessen.
Für Feiern, Events,
Theater, Musik oder Modenschauen
ist das
Theater im Art-Deco-stil komplett zu mieten.